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„Urbane Mitte“ – Bürohochhäuser am Gleisdreieck geplant

An der Ostseite des Gleisdreieckparks sollen nach den Plänen des Berliner Architektur Büros „Ortner und Ortner Baukunst“ sieben bis zu 90 Meter hohe Gebäude errichtet werden. Das Projekt wird von der „Copro Projektentwicklung“ realisiert. Auf der Webseite zum Projekt findet sich folgende Beschreibung: „In der Fusion aus denkmalgeschütztem Bahnhof und moderner, zukunftsorientierter Architektur entsteht ein neues Stück Stadt, das den Anspruch hat zu verbinden, zu vereinen und neue Impulse zu setzen. Die Fertigstellung des gesamten Stadtquartiers, das ein sinnstiftendes und gleichzeitig inspirierendes Umfeld in einer gesunden, aktivierenden Stadtlandschaft bieten wird“, wird voraussichtlich in 2025/26 erfolgen.

Urbane Mitte Am Gleisdreieck / finest images, O&O Baukunst (unverbindliche Visualisierung). Hinweis: Die Weitergabe der Fotos an Dritte ist nicht gestattet

Gegen das Projekt gibt es seit langem Widerstand. Einer der wichtigsten Punkte, die den Gegnern bitter aufstößt, ist die Tatsache, dass keiner der geplanten 119.000 m2 als Wohnfläche geplant ist, sondern ausschließlich Gewerbeflächen, überwiegend Büroflächen entstehen sollen.

„Das einzige, was die Investition schafft“, so schreibt die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck, „ist eine satte Rendite für den Investor. Der hat schon jetzt einen respektablen Schnitt gemacht. Er hat das Grundstück für knapp 8 Mio. € gekauft. Inzwischen ist die Holding im Rahmen eines steuersparenden Share-Deals nach Luxemburg verlagert worden. Dort wird das Projekt mit über 100 Mio. € in den Büchern geführt!“ (Quelle: Mail der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck vom 30.08.2022)

Außerdem kritisieren zivilgesellschaftliche Initiativen das Projekt als wenig nachhaltig und überdimensioniert. Während progressive Stadtplaner*innen und Architekt*innen über klimagerechtes Bauen oder ein Abrissmoratorium diskutieren, geht es hier offensichtlich um maximale Verwertung von knappen innerstädtischen Flächen, hinter der andere Gesichtspunkte zurückstehen müssen.

Aus einer schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Niklas Schenker (Die Linke) vom 25.10.2022 an den Berliner Senat (Drucksache 19 / 13 704), geht hervor, dass der Verkehrswert des Grundstücks auf 11,3 Mio. € beziffert wird, der Investitionsfonds DLE den Wert auf 204 Mio. taxiert. Des Weiteren beinhaltete die Anfrage, ob eine Entschädigungssumme von 150 Mio. von der Projektträgerin errechnet wurde, falls kein Baurecht erteilt werden sollte.

In den Antworten des Senats wird deutlich, dass er „keine Kenntnis über Verkäufe der Grundstücke der Urbanen Mitte an den Fonds der Deutschen Landentwicklung (DLE)“ hat. Und weiter: „Über den grenzüberschreitenden Formwechsel der projekttragenden Gesellschaft wurde der Senat durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg informiert.

Die im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, FB Stadtplanung, zur Erfassung der Anträge auf Erteilung von Negativzeugnissen nach § 28 BauGB geführte Liste wurde für den Zeitraum von 2014 bis Oktober 2022 durchgesehen. Mit Ausnahme des Grundstücks Schöneberger Ufer 3 (ehem. Debis-Parkhaus) wurden keine Käufer mit dem Namen „Urbane Mitte S.A.R.L.“ erfasst.

Der Senat kann nicht beurteilen, ob es sich um Betrug handelt, da er keine Kenntnisse über die Verkaufswerte von Grundstücken bei Grundstücksgeschäften zwischen Dritten erhält. Es liegen auch bei der Staatsanwaltschaft Berlin hierzu keine Erkenntnisse vor. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Berlin nicht bekannt.“

Nicht nur Bürger*innen sondern auch in der Bezirkspolitik stößt das Projekt auf Ablehnung. Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke in der BVV des Bezirks beschreiben das Bauprojekt als nicht mehr zeitgemäß, während sich in der SPD offensichtlich bisher keine einheitliche Meinung gebildet hat.

Nachdem weder Stadtentwicklungssenator Geisel noch Stadtbaudirektorin Kahlfeld das Projekt grundsätzlich in Frage stellen, liegt es nun am Bezirk den Bauantrag zu prüfen. Der Investor rechnet mit Baubeginn im nächsten Jahr. Baustadtrat Florian Schmidt verweist darauf, das Projekt von seinem Vorgänger geerbt zu haben. Er spricht im Zusammenhang mit dem Projekt von „einem überkommenen urbanistischen Verständnis“ und vermisst bei der aktuellen Planung gemeinwohlorientierte Nutzungen (Interview in: Bauwelt 9/2019). Zugleich warnt Schmidt aber vor einer Schadenersatzklage durch den Investor, wenn kein Baurecht erteilt wird.

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg hat das Bezirksamt dazu aufgefordert, dass es sich bei der Berliner Senatsverwaltung für eine „umfangreiche, transparente und belastbare Prüfung mittels Gutachten von Expert*innen“ der Baupläne für Bürohäuser im Gleisdreieckpark einsetzt. CDU und FDP enthielten sich. (Quelle: Tagesspiegel online Friedrichshain-Kreuzberg vom 22.12.2022)
Geprüft werden solle, „ob und inwiefern die angestrebte Bebauung des Gleisdreieckparks („Urbane Mitte“) den heutigen Kriterien eines sozial-ökologischen Vorhabens entspricht“. Zur Begründung hieß es, seit dem städtebaulichen Rahmenvertrag von 2005 und dem städtebaulichen Wettbewerb von 2015 hätten sich die Anforderungen an städtebauliche Projekte in der Innenstadt deutlich verändert: „Es stellt sich nicht nur die Frage, ob reine Bürogebäude aktuellen Nutzungsinteressen entsprechen, insbesondere die Bekämpfung der Klimakrise und Konzepte von nachhaltiger Baukultur sind mittlerweile in den Fokus städtebaulicher Überlegungen gerückt.“ (ebd.)
Im Prüfbericht des Senats vom 28.11.2022 wiederum wird allerdings festgestellt:
„1. Aus stadtentwicklungspolitischer Sicht wird das Konzept der Urbanen Mitte sowie der vorliegende Bebauungsplanentwurf nebst Städtebaulichem Vertrag den aktuellen klimapolitischen Aufgaben und den Bedarfen vor Ort gerecht.
2. Es besteht kein Erfordernis, den Flächennutzungsplan oder den Städtebaulichen Rahmenvertrag Gleisdreieck zu ändern.“ (Quelle: Prüfbericht)

Aus Sicht von Stadtentwicklungssenator Geisel (SPD) sind die von Gegnern des Projekts vorgebrachten Klimaschutzgründe „scheinheilig“: „Wenn wir nicht an solch einer Stelle in die Entwicklung gehen, wo sonst in Berlin? An der Urbanen Mitte entscheidet sich auch die Frage nach der Verlässlichkeit Berlins. Wir können doch nicht ernsthaft sagen: Danke für den schönen Gleisdreieckpark. Unseren Teil der vertraglichen Vereinbarung – im Gegenzug für die ehemals privaten Parkgrundstücke nun Baurecht auf ehemaligen Bahnflächen zu ermöglichen – erfüllen wir jetzt aber nicht mehr.“ (Pressemitteilung SenSBW zur Veröffentlichung des Prüfberichts vom 27.12.2022)

In ihrer Sitzung vom 14.12.2022 behandelt die BVV des Bezirks einen Antrag der Fraktion Die Grünen zur Urbanen Mitte und verweist diesen an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen. Auf dessen Sitzung wird am 12. Januar 2023 die Einrichtung eines Runden Tisches beschlossen, damit dessen Überlegungen zum Vorhaben Urbane Mitte in die weiteren Planungeen einfließen könn. Begründet wird dies wie folgt: „Damit der Gleisdreieckpark ein lebenswerter Ort für alle sein kann, an dem auch bauliche Entwicklungen unter Berücksichtigung klimatischer Aspekte möglich sind, ist es unabdingbar, einen Austausch zwischen beteiligten und betroffenen Akteur*innen zu ermöglichen und Ergebnisse entsprechend zu berücksichtigen.“

Gleisdreieckpark
www.urbane-mitte.de
www.gleisdreieck-retten.de
www.aktionsgemeinschaft-gleisdreieck.de
Interview F. Schmidt in Zeitschrift Bauwelt
Prüfbericht des Senats zur Urbanen Mitte (PDF)
Pressemitteilung des Senats zur Veröffentlichung des Prüfberichts
BVV-Beschluss des Ausschusses zum Runden Tisch Urbane Mitte


    Beitrag veröffentlicht am 23.01.2023

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