Bewohner*innen rund um den Marheinekeplatz kennen sie, die 1886 gegründete Schule, die nach dem Heimatdichter Peter Rosegger aus der Steiermark benannt ist. Wer durch die Arndtstraße läuft, kennt auch die Rückseite des großen Backsteingebäudes und kann dort die historische Beschriftung lesen: “139.-140. Gemeindeschule”. Kreuzberger*innen fragen immer wieder nach den Gründen für den langjährigen Leerstand.
Einhundert Jahre lang wurde dieses Gebäude als Schule genutzt. Nachdem aber über viele Jahre keine Investitionen mehr in die Sanierung flossen, verschlechterte sich der Gebäudezustand immer mehr. Auch als Schule funktionierte sie nicht mehr integrativ, denn immer mehr Kinder deutschstämmiger Eltern schulten in den 80er Jahren ihren Nachwuchs in anderen Schulen ein. Die Direktorin der Schule warb engagiert in den Kitas des Umfeldes für die Anmeldung, ergänzte das Schulprogramm um Türkischunterricht und konnte kleine Klassengrößen anbieten. “Die Schule war besser als ihr Ruf, doch nicht mehr zu retten”, schrieb dazu die Kreuzberger Chronik. (Ausgabe 55, März 2004)
2004 wurde die Schule geschlossen, damit die senatseigene Immobilienfirma das Gebäude auf dem freien Markt anbieten konnte. Doch die marode Bausubstanz schreckte alle ab. Die Rosegger-Grundschule wurde 2013 per Erbbaurechtsvertrag an die private Global Music Academy übergeben. Der Betreiber wollte dort eine internationale Musikhochschule etablieren. Aber auch dieser Plan konnte nicht realisiert werden. Seitdem wird überlegt, was aus der leeren Schule werden soll. 2015 war von einem Kulturzentrum die Rede, doch Krieg und Corona haben diese Träume in weite Ferne gerückt.
Die Immobilie Bergmannstraße 28/29 befindet sich seit 2019 wieder im Fachvermögen des Bezirks. (Berliner Woche 8.04.2019) Verantwortlich für die Nutzung des Hauses ist das Amt für Weiterbildung und Kultur. Seither nutzen die bezirkliche Volkshochschule und das Konservatorium für türkische Musik Berlin Räume in der Rosegger-Schule. Und es gab seit 2020 eine Interimsnutzung durch das Jugend- und Kulturzentrum DTK Wasserturm, das wegen umfassender Sanierungsmaßnahmen aus seinen Räumen ausziehen und dringend einen Ersatzstandort in der Nähe finden musste. Im Februar 2024 kann es nun seine angestammten Räume im Wasserturm an der Ecke Fidicinstraße wieder beziehen.
Warum das Gebäude überwiegend leersteht
Dem Bezirk fehlten und fehlen auch heute die erforderlichen Investitionsmittel, um die Schule umfassend sanieren zu lassen. Dazu wäre mindestens ein zweistelliger Millionenbetrag erforderlich. Für einen Schulbetrieb wäre das Gebäude nach heutigen Erfordernissen auch nicht mehr zugelassen. Zudem entspricht es nicht mehr den brandschutztechnischen Vorschriften. Fördermittel in den Schulbau fließen derzeit schon in den Neubau der zusammengelegten Lina-Morgenstern- und der Lenauschule in der Nostizstraße.
Gerne würde das Amt für Weiterbildung und Kultur zumindest weitere Räume im 1.OG oder im Seitenflügel der ehemaligen Rosegger-Schule für Kultur- und Bildungsangebote öffnen. Aber auch dafür müsste der Bezirk zunächst Fördermittel für deren Instandsetzung akquirieren.
Entsprechende Förderanträge waren leider bislang nicht erfolgreich. Aktuell hofft das Amt für Weiterbildung und Kultur auf die Bewilligung von Lotto-Mitteln und eine Förderung im Rahmen des Programms „Europa im Quartier“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Veröffentlicht am: 29.06.2024